Taylor Deupree ist – als Betreiber des Labels 12k, als Photograph, als Sound Engineer und Musiker – ein spartenübergreifend vielbeschäftigter Künstler. Seinem reichhaltigen Schaffen zwischen Experimental-, Minimal- und Ambientmusik wohnen natürlich auch jene genretypischen Zauber der Verwehung, Verflüssigung und Verflächigung inne. Was ihn als Frickler unter Fricklern herausstellt ist die Art, wie er konzeptuell und klanglich und letztlich auch grafisch eine stilistisch kohärente Dichte in seinem Werk erzeugt.
Taylor Deupree – Somi
Nicht zuletzt auch, weil er das Mastering für viele seiner Kollegen besorgt. Er kennt die soothing sides der Sounds nicht nur von ihrer äußeren, hörbaren Hülle, sondern weiss sie auch von innen mit zweckdienlichem, technischem Know-How dergestalt zu bearbeiten, dass nicht nur die Ideen und ihre Anordnungen, sondern auch der Charakter der Klänge und Klangcluster in ihrem Wesentlichen, also ihrer angenommenerweise wirkmächtigsten Weise zur Geltung kommen. Kurzum: er ist Sound-Artist, Sound-Engineer und Sound-Sucher in einem. In seiner technischen und stilistischen Professionalität, die bei allem Knoff-Hoff am Ende eine organische, unverquirkste Musik hervorbringt, lässt das durchaus an Brian Eno denken.
Auf „Somi“ veröffentlicht Taylor Deupree sieben Stücke mit einem bewusst beschränkten Instrumentarium: „electric piano, glockenspiel, DX7, handheld cassette recorder“ listen die Credits als Klangquellen. Diese Rückbesinnung auf musikalische Grenzen ist natürlich – wie jeder Minimalismus – der Türöffner zu ausgedehnter Feldforschung im Rahmen dieses reduzierten Setups. Wo seine Stücke auf vorangegangen Alben in den tief und exakt verschachtelten, programmierten Möglichkeiten digitaler Komposition und in micromusikalischen Spleens wurzelten, lässt Taylor Deupree auf „Somi“ wieder Raum für Raum.
Wo die Parameter von zeitlicher Anordnung und tonaler Aktion vormals via Software programmiert und generiert wurden, legte Taylor Deupree hier wieder selbst Hand an und schnitt sich Tapeloops zurecht. Schon allein aus dieser Arbeit mit Tonbandschleifen ergeben sich jene digital nicht nachbastelbaren Verschleppungen, Verleierungen und Verwaschungen, die für das verzärtelte, leicht rauschige Soundbild sorgen, das unter Deuprees Engineer-Händen ganz besonders zu voller Entfaltung findet.
In my early experiments with repetition I used a host of software-based looping tools which allowed me microscopic control over timing and repetitions. As my aesthetics and work veered toward the more natural and organic I began to incorporate acoustic and found sounds into my compositions. I found the natural variation and irregularities of acoustic instrumentation gave my loops a fragile subtlety that wasn’t available in software.
(Taylor Deupree)
Klangflocken in Tapeloops und Phasenverschiebungen
Es sind die Passagen zwischen den Loops und Phrasen, die die leichte, schwebende Schwere der Stücke herstellen. In ihrem Nachhall falten die spärlichen Klänge ihre sanfte Größe auf. Der Wechsel zwischen den Stücken passiert unbemerkt, die Tracks faden sich ein und aus, wie tröpfelndes An- und Abkoppeln loser, synaptischer Verbindungen, wie sie das Coverartwork zu symbolisieren scheint. Trotzdem nimmt man es nicht als One-Track-Album wahr; eher als ein Schippern durch gezeitenhaft wechselnde, zeitlupenartig parallaktisch ineinander verwobene Sphären. Mit ihrem freien, wandernden Verwachsen und Verwehen organisieren die immer wieder auf- und abebbenden Loops hier eine schlaftrunkene Ästhetik jenseits digitaler Perfektion. Obwohl die Stücke nur aus wenigen, wiederkehrenden Tönen und Passagen bestehen, stellt sich vordergründig nicht das Gefühl von betulicher Wiederholung und plansolider Monotonie ein. Vielmehr wächst und gedeiht hier alles langsam und blühend, wie Kraut, Gestrüpp und Pflanzenstengel in der Natur (was das eigentliche Motiv des Coverartworks zu sein scheint).
Lichthelle Klaviertöne verschränken sich mit gedämpften, langsam hingesetzten Tasten- und Saitenanschlägen. Das Leiern, das Rauschen, das milde Glucksen und die typische, leichte Distortion des Mediums Tonband und der dort heraus geschnittenen Bandschleifen machen diese Loops auf warme Art crispy. Keine Effekteskapaden und keine Post-Processings verwischen die Klangquellen. Alles ist hier sehr konkret und – in seinem Auf- und Abbranden – doch immer im Status des Verebbenden. Die wie hingepinselt im Stereoraum platzierten Klangflocken verschränken sich ineinander, korrelieren mit Rückwärtschleifen und Synthesizerflächen aus dem DX7 (den auch Eno eine Weile maßgeblich nutzte). Durchwirkt ist alles vom Rauschen und gelegentlich dem leisen Knattern jenes in den Credits benannten handheld cassette recorders.
Damit erinnert all das, in seinem bloomigen Rotieren und Dahinschleifen an Brian Enos stilbildende, auf Bandschleifen und Phasenverschiebungen basierende Stücke „Discreet Music“ und „Thursday Afternoon“. Ebenso wie in jenen Arbeiten Enos gelangen die sieben Tracks auf „Somi“ gerade durch die Reduktion auf wenige Mittel und das technische Prinzip der umeinander treidelnden Klangschleifen zu hoher musikalischer Dichte.